Lagern und Speichern

Allgemeine Prinzipien für das Lagern und Speichern

Lagern (Speichern) ist das Aufbewahren von Stoffen. Daraus geht hervor, daß es sich um eine passive Operation handelt, bei der mit dem Stoff an sich nichts weiter geschieht, als daß er für eine gewisse Zeit an einem bestimmten Ort gespeichert wird. Verfahrenstechnische Operationen bewirken eine gezielte Änderung des physikalischen Zustandes, des Energiegehaltes und/oder der chemischen Zusammensetzung von Stoffen. Mit der Lagerung wird im allgemeinen keine dieser Änderungen bezweckt; man wünscht im Gegenteil gespeicherte Stoffe zu gegebener Zeit möglichst unverändert wieder entnehmen zu können. Daher gehört das Lagern und Speichern nicht zu den Grundoperationen der Verfahrenstechnik und wird auch in der Klassifikation nicht geführt. Nichtsdestoweniger sind Anlagen der stoffwandelnden Industrie zur Aufrechterhaltung der Produktion mit umfangreichen und komplizierten Lagersystemen ausgestattet, deren Aufgabe es ist, Roh- und Hilfsstoffe sowie Zwischen- und Fertigprodukte zu speichern und innerhalb der technologischen Kette eines Verfahrens ausgleichend zu wirken. Technologisch bedingtes Lagern, wie das Reifen von Viskose, Superphosphat oder Spirituosen, stellt keine reine Lagerung, sondern einen kombinierten Stoffwandlungs- und Lagervorgang, dar.

Transport, Umschlag und Lagerung (TUL) bilden eine Einheit, deren Aufgabe der inner oder außerbetriebliche Transport sowie die Ein- und Ausspeicherung des Lagergutes ist. Das Fassungsvermögen und damit die Größe eines Lagers wird vom Zweck und den konkreten Leistungsparametern der Anlage, zu der es gehört, bestimmt. - Vorratslager sind Großraumlager, deren laufender Vorrat die Aufrechterhaltung der Kontinuität der Produktion im Zeitraum zwischen zwei aufeinander folgenden Lieferungen zu gewährleisten hat. - Zwischenlager sind Puffer zur Glättung des Anlagenbetriebes an Übergangsstellen zwischen kontinuierlich und diskontinuierlich arbeitenden Prozeßeinheiten sowie zur Überbrückung kurzzeitiger Betriebsstörungen. Ihre Größe ist so zu bemessen, daß das Zwischenlager für eine geplante Zeitdauer Stoff aufnehmen kann, solange die Abnahme unterbrochen ist, bzw. abgeben kann, solange die Zufuhr stockt. Bei der Größenbemessung insbesondere von Vorratslagern gilt wegen der Kosten für die Lagereinrichtung und der mit dem Lagergut gebundenen finanziellen Mittel der Grundsatz: so groß wie nötig - so klein wie möglich. Die Art des außerbetrieblichen Transports (Eisenbahn-, Binnenwasserstraßen- oder Straßentransport, Seetransport, Mehrfachumschlag bei Importen) ein schließlich bestehender Besonderheiten für manche Güter (z. B. Bildung von Ganzzügen bei Kohle, Erz, Erdöl ...) sind zu berücksichtigen. Die Einteilung der Lager- und Speichereinrichtungen erfolgt zweckmäßig nach dem Aggregatzustand des Gutes.

Lagern von festen Stoffen

Es werden Stückgüter - das sind zahlenmäßig erfassbare Einzellasten (Bauteile, Container, Fässer, Kannen, Säcke usw.) - und Schüttgüter - das sind stückige, körnige oder staubförmige Feststoffe in ungeordneter Schüttung - unterschieden. In der chemischen Industrie dominieren Schüttgüter. Schüttgutlager sind:

Die Lagerauswahl richtet sich nach dem erforderlichen Schutz, den das Lagergut benötigt, der zu lagernden Stoffmenge und der Funktion des Lagers im Prozess. Freilager bieten keinen Schutz vor Witterungseinflüssen; dadurch sowie durch Forderungen des Umweltschutzes (Staub, Giftigkeit) ist der Umfang der frei lagerfähigen Güter eingeschränkt. Die spezifische Lagerkapazität wird durch die Höhe der Lagerplatzeinfassung (wenn vorhanden), die Schüttdichte und den Schüttwinkel des Gutes bestimmt. Schüttgut ist bei Haldenlagerung unter Beachtung des Schüttwinkels und der festzulegenden Schütthöhe sicher zu lagern und abzutragen. Im Ruhezustand herrscht an jedem Korn Gleichgewicht zwischen der Hangabtriebskraft FH und der Reibungskraft FR. Lagerhallen sind allseitig geschlossene, speziell vorgerichtete Gebäude mit Fördereinrichtungen zur Ein- und Ausspeicherung und evtl. Klimaanlagen zur Pflege des Gutes. Bei mittiger Einspeicherung von oben durch Stetigförderer entsteht der entsprechende Schüttkegel, Die Querschnittsform moderner Parabolhallen nähert sich diesem zwecks Ersparnis umbauten Raumes an. Silos und Bunker sind nicht scharf gegeneinander abzugrenzende Schachtspeicher in Form senkrecht stehender Hohlkörper aus Metall oder Beton mit rundem, vier- oder mehreckigem Querschnitt. Langzeitspeicher, oft in Mehrzellenbauweise mit bis zu 20000t Fassungsvermögen, werden als Silo, kleinere Zwischenspeicher mit häufigem Umschlagwechsel als Bunker bezeichnet. Das Speicherprinzip besteht in der Gutzufuhr von oben und der Entnahme am unteren Auslauf durch einen konischen oder keilförmigen, geneigten Auslauftrichter mit entsprechendem Verschluß und Austragsgerät, was ein Nachrutschen des Gutes auf Grund der Schwerkraft voraussetzt. Diese in Schachtspeichern oft kritische und durch Austragshilfen zu unterstützende Fließbewegung kann ideal gleichmäßig über den Bunkerquerschnitt als Massenfluß oder aber als Kernfluß in Form einer primären Gutsäule über der Abzugsöffnung erfolgen. Beide Betriebsarten sind möglich. Kernflußbunker haben einen geringeren Platzbedarf und sind billiger als Massenflußbunker, jedoch findet in ihnen eine Gutentmischung statt. Das Fließverhalten wird durch das Gut (Korngröße und -form, Schüttdichte und Schüttwinkel) und die Speicherausführung (Schlankheitsgrad = Höhe/Durchmesser, Querschnittsform, Größe und Form des Auslaufs, Neigung des Trichters, Reibungswinkel zwischen Gut und Wand) bestimmt. Temperatur und Feuchtigkeit sowie die Dauer der Lagerung sind von zusätzlichem Einfluß.

Zur Kennzeichnung des Fließverhaltens von Schüttgütern dient die Festigkeit, das ist eine Druckspannung, die zur zerstörenden Deformation einer unter einem bestimmten Verdichtungsdruck a komprimierten Gutprobe benötigt wird. Danach sind zu unterscheiden:

Diese Werte sind mit Hilfe eines Schergerätes, an dem Schub- und Norrnalkraft einer auf Scherung beanspruchten Gutprobe gemessen werden, bestimmbar und ermöglichen die verstopfungssichere Festlegung der Neigung des Auslauftrichters, und die bei kohäsiven Gütern des Durchmessers der Auslauföffnung oder der Breite der Auslauföffnung die Brückenbildung nicht auftreten lassen. Daraus folgt beispielsweise, daß ein Rechteckauslaufquerschnitt nur halb so breit sein braucht wie ein kreisförmiger Auslaut.



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